Das ist mein Beitrag zur Blogparade anlässlich des Weltfrauentags 2022. Warum ich zum Weltfrauentag über Mental Load schreibe? Weil Mental Load eines der Dinge ist, die uns Frauen das Leben schwer machen. Es ist eines der Dinge die dafür sorgen, dass wir erschöpft sind und weil Mental Load das Paradebeispiel für all die „Unsichtbare“ Arbeit ist, die wir Frauen tagtäglich leisten ohne dafür monetäre oder emotionale Wertschätzung zu erhalten.
Würde die Fürsorgearbeit und das Ehrenamt das Frauen weltweit täglich leisten auch nur mit dem Mindeststundenlohn vergütet würde der Ertrag Umsätze von Giganten wie Google oder Amazon um ein Vielfaches übertreffen.
Mental Load? Echt jetzt? Schon wieder?!
Die vielen Bälle die meist eine Person in der Familie in der Luft hat. In heterosexuellen Partnerschaften ist dies in den meisten Fällen die Frau. Sie ist diejenige deren Kopf schwirrt, die ein unaufhaltbares Gedankenkarussell hat und wenn sie nachts kurz aufwacht, oft sofort wieder damit beginnt „Listen zu checken“. Das „Ich müsste, wollte, sollte…habe ich schon“-Spiel…
Mental Load ist seit Jahren in aller Munde. Viele rollen schon mit den Augen. Das kann ich nicht mehr hören wird mir oft gesagt. Ja, mag sein, dass Viele das nicht mehr hören können und wollen. Das Problem ist aber dass die Meisten es einfach nicht SEHEN können. Um das geht es ja beim Mental Load. Er ist das unsichtbare Ungetüm aus zig kleinen Aufgaben hinter einer so einfachen Sache wie zum Beispiel„Kindergeburtstag feiern“ .
Hier erzähle ich Dir also in 5 Punkten was über meinen persönlichen Mental Load am Beispiel des 5. Geburstags meines jüngsten Kindes.
Das ist doch Alles Kindergeburtstag!
Tja, wer noch nie einen solchen von Anfang bis Ende durchorganisiert hat, mag jetzt verständnislos gucken und sich fragen, ob ich keine größeren Probleme habe. Alle anderen wissen, wie viel an einer so „einfachen“ Sache wie der Geburtstagsfeier eines Kindes hängt
Punkt 1: Die Termine im Blick – was und wann?
Nun könnte man meinen: Na man sucht sich einen Termin aus, an dem man Zeit hat und macht dann da die Party. Fertig. Wo ist da bitte groß „Mental Load“?
Joa, klingt einfach. Erfahrungsgemäß ist es gut, erst mal abzuklären, was sich das Geburtstagskind überhaupt wünscht. Wie möchte es feiern? Wie viel Zeit nimmt diese Art der Feier in Anspruch?
Der Geburtstag meiner Jüngsten stand Mitte März an. Bereits im Dezember (kurz nach der Feier ihrer älteren Schwester) wusste unsere Königstochter, sie wünscht sich für ihre Feier dass der tolle Clown Toni Toss kommt, der auch bei ihrer Schwester war.
Da ich weiß, dass dieser für gewöhnlich recht ausgebucht ist, fragte ich also bereits im Dezember an und vereinbarte einen Termin mit ihm. Der Termin für die Party stand also fest. Dabei hatte ich noch zu beachten, dass wir nicht in die Osterferien kommen, wo dann vielleicht viele Gäste nicht da gewesen wären etc.
Diesen strategisch gut zu legen (am Besten sonntags, wo die meisten nicht arbeiten und zeitlich so, dass die Kinder beim Abholen nicht schon so müde sind, dass Dramen vorprogrammiert wären…) und gleich fix im Familienkalender digital und analog zu notieren, damit auch mein Mann sich den Tag freihält.
Punkt 2 Einladungen/Gäste
Bereits im Januar war die Vorfreude auf den Geburtstag so groß, dass meine Tochter begann Einladungen zu basteln. Den Text für die Karte, den ich sonst immer verfasste, überließ ich meinem Mann, der ja dank Achillessehnenriss gerade mehr für „Verwaltungstätigkeiten“ einsetzbar war 😉
Er setzte also den Einladungstext auf, auch mit der Bitte um Rückmeldung (allerdings ohne Deadline). Rookie Mistake, aber beim nächsten Mal, denkt er bestimmt daran. Oder beim übernächsten. Ich hatte auch eine laaaange Ausbildungszeit was das angeht und bin noch immer nicht perfekt. Auch eine Gästeliste gab es in diesem Jahr nicht.
War der Papa nicht gewohnt und wahrscheinlich erschloß sich im der Sinn nicht. Spätestens nach dem zehnten Mal, als wir uns fragten „Wie viele Kinder kommen jetzt gleich wieder? Und wer hat schon zugesagt? War klar, nächstes Jahr sollten wir wohl wieder eine erstellen…
Obwohl beide unsere Telefonnummern auf der Einladung waren, meldeten sich die Eltern automatisch bei mir. (Fun Fact auch sämtliche Nachrichten der Lehrkräfte meiner großen Kinder sind für gewöhnlich an mich, die Mama, gewendet.) Allerdings nicht alle.
Ein Kind schlüpfte uns leider durch. Und da ich das erst am Tag der Party merkte, war es dann zu spät und das Kind schon anderweitig verplant. Es hatte die Einladung wohl nicht mit nach Hause gebracht. Mein Mann hatte es übrigens gar nicht bemerkt und auch nicht die Namen der Kinder auf dem Schirm, die kommen sollte, da er keine Gästeliste gemacht hatte.
Für den Tag der Party musst Du sichergehen, dass Du die entsprechenden Telefonnummern der Eltern hast, falls a) Kind Heimweh hat b) Kind kotzt oder c) es länger dauert und Du die Eltern über einen späteren Abholzeitpunkt informieren willst.
Punkt 3: Geschenke? Geschenke!
Parallel zum Kindergeburtstag trafen die Anfragen der Verwandten ein (wie auch jedes Jahr an Weihnachten, Ostern zu Kommunion, Firmung etc.) was das Kind sich denn wünsche. Meine Schwiegereltern, sparen sich das Fragen und überweisen lieber direkt Betrag X für jedes der vier Kinder. Das Geschenk erstmal überlegen, Preisvergleich starten, besorgen und einpacken dürfen dann wir, respektive ich.
Noch nie, ich schwöre noch nie, kam jemand auf die Idee meinem Mann das direkt anzutragen. Und wenn ich an meine Kindheit (und auch mein Erwachsenenleben) zurückdenke, hat auch bei uns immer meine Mama die Vorbereitungen zu diversen Festen übernommen und mein Papa weiß bis heute nicht was in den Geschenken drin ist, die er mit überreicht, bis der/die Beschenkte dieses auspackt.
Mein Mann packt hier vorwiegend die Geschenke ein. Das rechtzeitig checken, ob noch Alles dafür da ist, ist aber irgendwie automatisch meine Aufgabe…
Apropos einpacken. Zu den Aufgaben vorm Kindergeburtstag gehören Zillionen kleiner Unterpunkte. Wie erstmal zu checken, ob noch genug Material zum Verpacken da ist.
In unserem Fall war kein passendes Geschenkpapier mehr vorrätig (klar hätte man jetzt wenig pingelig Weihnachtspapier nehmen können, davon hatten wir noch Massen… aber ich weiß, dass meiner Tochter dieser Punkt wichtig ist) Klebeband war noch da und auf Geschenkband verzichteten wir der Umwelt, dem Geldbeutel und dem Zeitbudget zu Liebe.
Ein Geschenkekorb erspart Zeit?
Beim Kindergeburtstag hat es sich eingebürgert einen sogenannten Geschenkekorb im örtlichen Schreibwarenhandel bereitzustellen (dieser hat auch Spielwaren, Kinderschmuck , Tonies und diversen Glitzer- und Bastelkram im Sortiment).
Diesen Korb rechtzeitig bereitzustellen klingt einfach ist aber in Wirklichkeit so:
- Nachmittags nach der Arbeit und dem Kindergarten, wenn wir beide müde sind mit dem aufgeregten Kleinkind in einen Laden voll mit Sachen zu spazieren, die es unbedingt haben möchte.
- Geschickt so zu lenken, dass im Korb nicht Legosachen für schlappe 70 Euro pro Stück landen und ungefähr so viele potenzielle Geschenke sich darin befinden wie eingeladene Gäste
- Dann das aufgebrachte Kind beruhigen, dass am Ende des Besuchs nicht möchte, dass der Korb mit all den Herzenswünschen mit einem Namenszettel hoch auf ein Regal kommt, da sie die Dinge sofort haben möchte.
- Wenn nicht schon auf der Einladung erwähnt, die Eltern der Gäste darüber informieren, dass es einen solchen Geschenkekorb gibt.
- Im Zweifelsfall gehört auch noch dazu, nach der Party nochmal hinzugehen, um eventuelle Herzenswünsche, die im Korb geblieben sind, vielleicht selbst zu kaufen und als Geschenk für andere Gelegenheiten aufzuheben oder auch direkt als nachträgliches Geschenk noch zu spendieren, je nachdem wie groß das „Seelenleid“ ist.
Gastgeschenke, Mitgebsel oder what ever you want to call it
Ach und weil es seit Langem Tradition ist auf Kindergeburtstagen den Gästen am Ende auch noch kleine Gastgeschenktüten mitzugeben und meine Kinder das toll finden, hat mein voller Kopf vor diesen Feiern auch noch einen weiteren Punkt auf der To-do-Liste:
Was zum Henker soll in diese Tüten? Nur Süßigkeiten? Ein kleines Spielzeug? Und in welche Verpackung kommt das rein? Das alles möglichst nicht zu teuer und auch nicht zu plastiklastig wegen der Umwelt. You see what I´m getting at? Dieses Jahr waren es wiederverwendbare kleine PET-Taschen gefüllt mit ein paar kleinen Süßigkeiten und für jeden ein Kazuu, in das sie ordentlich reintröten konnten (Sorry liebe Eltern, vielleicht war das meine Rache an Euch…oder eine Ermahnung, dass auch bei Euch bald der nächste Kindergeburtstag naht 😉)
Vielleicht sind wir nächstes Jahr einfach so mutig und lassen sie weg. Mal sehen, ob dann etwas Schlimmes passiert (wahrscheinlich nicht) oder wir uns einfach nur Geld und Mental Load sparen (sehr wahrscheinlich…) Du siehst, es lohnt sich definitiv zu hinterfragen, was wirklich sein muss und was getrost gehen darf…
Punkt 4: Dekoration
Nun mag manch einer sagen: Pffff, völlig unnötig! Ja, mag sein. Allerdings kommt es ja an dem Tag darauf an, es für das Geburtstagskind schön zu machen und unsere legen allesamt wert darauf, dass bestimmte Dinge vorhanden sind:
- Zahlenfolienballon rate mal wer denn noch panisch zwei Tage vorm Geburtstag besorgt hat, weil niemand außer mir an sowas denkt?
- Helium, weil ein schlapper Zahlenfolienballon nur wenig hermacht…
- Zahlenkerze (bevorzugt in Glitzer…) für den Kuchen
- Die Geburtstagskerze mit Holzzahl und Dekofigürchen (muss aus dem Schrank gesucht werden)
- „Thronhusse“ und Geburtstagskrone (die ebenfalls zu jedem Geburtstag hervorgekramt werden)
- Die Lichtbox soll mit Happy Birthday und dem jeweiligen Namen bestückt werden
Vor vielen, vielen Jahren als mein ältester Sohn 3 wurde beging ich einen fatalen Fehler. Ich fragte in meiner naiven Unschuld: „Was wünscht Du Dir denn für einen Geburtstagskuchen, mein Schatz?“
Tja, also Antwort bekam ich ein inbrünstiges „Den Heppo von der Bob der Baumeister als Kuchen“ Einen Kranwagen?! Tja, nun stand ich blöd da. Eine halbe Nacht lang schnippelte ich Bauteile aus Rührkuchen und verzweifelte beim Versuch diese Heppoähnlich aussehen zu lassen. Leider gibt es kein Foto mehr von diesem zweifelhaften Meisterwerk, aber er war lecker.
Jedenfalls hatte ich damit eine fiese Tradition geschaffen und mein Sohn, genau wie später seine Geschwister wünschten sich jedes Jahr die abgefahrensten Torten. Von Ritterburg über Jurassic World Mosasaurus Cake und einem Drachen zähmen leicht gemacht Kuchen zur Kommunion war schon alles dabei.
Als mein Sohn sich zum 11. Geburtstag einen Kuchen mit einem Hogwartsnachbau und der peitschenden Weide plus dem fliegenden Auto wünschte, kapitulierte ich und tat, was ich längst hätte tun sollen. Ich gab zu, dass ich sowas verdammt nochmal auf gar keinen Fall kann.
Er bot zwar sehr lieb an, mir zu helfen, aber ich streikte und hielt seinen Frust aus. Und das war der erste Schritt in die richtige Richtung. Seither versuche ich immer noch mein Bestes, aber Motivtortenprojekte für die ich mir 2 Nächte um die Ohren schlagen müsste, lehne ich nun konsequent ab.
Trotzdem backe ich jedes Jahr reihenweise Regenbogentorten, Ponyweidenkuchen, Barbies in Gugelhupfen oder Ähnliches. Da ja nicht nur eine Kindergeburtstagsfeier ansteht sondern immer diverse (in Kiga/Schule, mit der Verwandtschaft und eben den Freund*innen des Kindes) Dabei ist mein Mann auch involviert und er ist zusammen mit den Teenies das Heliumfolienballonkommittee (auch wenn Letztere vor Allem dabei sind, um zwischendurch einen Schluck Helium zu nehmen und Donald Duck zu spielen…)
zu schmale Schultern für so viel mentale Last
Idealerweise würde aber all das nicht auf den Schultern einer Person liegen. Und es nutzt mir nichts, wenn ja alle bereit sind Aufgaben zu übernehmen, ICH aber diejenige bin, die die Aufgaben im Kopf haben, verteilen und deren Erledigung kontrollieren muss. Das schmälert keinen Mental Load, sondern vergrößert ihn zum Teil noch, was der Grund ist, warum viele Frauen dann tatsächlich gleich lieber alles allein machen und sich dann auch noch dem Vorwurf des „Maternal Gatekeepings“ stellen müssen, weil sie ja angeblich einfach nur nichts abgeben wollen.
Wo war ich? Mein mental geladener Kopf ist mit mir davon galoppiert. Ich wollte nur sagen. Ein Kuchen ist nicht nur ein Kuchen sondern so viel mehr Arbeit als das.
Du brauchst ein entsprechendes Rezept (dafür musst Du im Vorfeld vorher checken, ob bei den Gästen Allergien etc. vorhanden sind), musst dafür sorgen, dass die passenden Zutaten im Haus sind und auch die entsprechenden Materialien überhaupt in Deiner Küche vorhanden. Du musst, Zubereitung, Backzeit, Küche danach wiederherstellen einplanen, wenn der Spaß abgekühlt ist, glasieren, dekorieren etc.
Ach und hatte ich erwähnt, dass bei solchen Gelegenheiten sehr gern Murphy´s Law in Kraft tritt in Form von nicht durchgebackenen Kuchen, runtergefallenen Kuchen, abgebrochen Cake Toppers, leerer Speisefarbe ect.?
Fazit: Es ist so viel mehr als es scheint!
Vielleicht hältst Du das Alles für Kinkerlitzchen und wischt es mit der Hand weg. Dann hast Du aber mit Sicherheit noch keinen Kindergeburtstag von vorne bis hinten organisiert. Und zu Recht wirst Du sagen, Kindergeburtstag ist ja nur einmal im Jahr (pro Kind versteht sich).
Ja, haste Recht. Zum Glück. Denn Kindergeburtstag ist nur eine von zig Aufgaben, die den Mental Load in unseren Köpfen ausmachen zusammen mit Haushalt, Essensplänen, Einkäufen, Reparaturen organisieren, Kleidung überprüfen ob noch passend und neu kaufen, U- und Impftermine vereinbaren, Zahnarztkontrollen, Schulsprechstunden, Elfenarbeit (Zahnfee, Christkind, Osterhase etc.), Essensplänen, Beiträge für Schulfeste, Geldbeträge und Elternbriefrücklaufzettel, die wieder abgegeben werden müssen etc.
Reden ist Gold!
The List goes on and on. Darum mein Appell: Setz Dich mit Deinem Partner*in zusammen, redet, redet, redet. Schafft ein Bewusstsein, versucht konsequent etwas zu ändern. Und zwar nicht im Sinne von „Du musst ja nur etwas sagen, dann würde ich helfen“. Geteilter Mental Load bedeutet geteilte Verantwortung, geteiltes „Aufgaben auf dem Schirm haben.
Es heißt nicht, dass zwingend eine 50/50 Aufgabenteilung herrschen muss. Es bedeutet vor Allem auch erstmal ein Anerkennen des Problems, der enormen Leistung die da tagtäglich erbracht wird, meist ungesehen und ungewürdigt.
Verzweifelt nicht, wenn es nicht gleich klappt. Es ist ein Prozess. Evtl. auch mit vielen Rückschritten.
Wir sind hier auch gerade wieder an einem Punkt, an dem wir ganz intensiv daran arbeiten müssen, weil es mir einfach zu viel ist. Mehr dazu auch in meinen Monatsrückblick März Ich will nicht mehr so viel tragen. Ich kann nicht mehr so viel tragen. Wir Frauen können das nicht allein tragen, ohne an einen Punkt zu gelangen an dem das nicht mehr gesund ist, nicht mehr „tragbar“ im wahrsten Sinne des Wortes. Darum muss sich etwas ändern und der Weltfrauentag ist as good a day as any wenn nicht noch wesentlich besser geeignet um darauf hinzuweisen. Immer und immer wieder.
Was ist DEIN Mental Load?